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Beobachtungsberichte März 2015

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Datum

Cirrus, Haar der Berenike und alte Bekannte

Bedingungen

17.03.2015

Genau 3 Jahre ist es her, als mir die Beobachtung des Boliden über Thüringen gelang, heute herrscht fast identisches Wetter und auch sehr milde Temperatur. Der Tag sieht zunächst gut aus, eigentlich wäre wieder ein Beobachtungsabend fällig, im Verlauf aber zunehmend dichter Cirrus bis zum spissatus. Enttäuschung, wird wohl doch nichts.

Abends klart es im Westen doch unverhofft auf, Venus strahlt verheißungsvoll vom Westhimmel. Der Osthimmel bleibt noch bedeckt mit dichten Eiswolken, nach Ende der Dämmerung betrachte ich zumindest den schönen M41. Mit verschiedenen Vergrößerungen im hier abgestellten Dobson durch das offene "Beobachtungsfenster" im Obergeschoss des Hauses.

Fast kein Flimmern festgestellt - also fast keine Temperaturdifferenz innen / außen - es ist wirklich angenehm mild.

Geht doch noch was? Gegen 20 Uhr ein Kontrollgang nach draußen - Nö. Der gesamte Osthimmel ist bedeckt mit Cirrus und Cirrostratus, wogegen mich die abnehmende Venus am völlig klaren Westhimmel frech angrinst. Vorgenommen hatte ich mir heute aber das Haar der Berenike im Osten, was komplett verdeckt ist.

Um 21 Uhr noch ein Kontrollgang - Oha, was erblicke ich? Der zart gestreute Haufen Com erscheint doch noch, also kurz entschlossen den Dobson nach draußen befördert. Alle Solarlampen aus bzw. verfrachtet, dabei beginnende Adaption an die Dunkelheit, am Laptop Stellarium auf Nachtsichtmodus umgestellt.

 

Das erste Ziel ist M53, ein kleiner Kugelsternhaufen im Sternbild Coma Berenices - direkt neben Alpha Com, 1° östlich, sehr einfach aufzufinden. Eigentlich hat die Suche mit dem Sucher :-) nach Alpha com am längsten gedauert, von dort aus war nur ein kleiner Schwenk im 48fach vergrößernden Okular nach Osten erforderlich.

Er erscheint klein, mit Konzentration zum Zentrum, Einzelsterne konnte ich nicht auflösen. Ein auffälliges Sternenpaar steht direkt daneben und zwei etwa gleich helle Feldsterne etwas weiter entfernt, insgesamt ein sehr schöner Anblick.

Skizze M53 und M64

Weiter geht es mit M64, der Black Eye Galaxie, die nur wenige Grad höher steht. Ohne den Sucher zu bemühen wird der Dobson mit Auge am Okular hin- und- herstreifend nach oben geschwenkt, nach ein paar Angstsekunden (habe ich sie verpasst?) erscheint sie erhaben im Blickfeld. Achsenverhältnis etwa 1 zu 3, auffallend heller Kern, die Staubkante (das Auge) kann ich unter den heutigen Bedingungen nicht erkennen, allerdings erscheint das Sternsystem doch leicht deformiert.

 

Na bitte, wieder zwei Objekte mehr in meiner auf jetzt 65 Exemplare gewachsenen Messier- Sammlung. Wie weiter? Löwe steht in passender Höhe, also das Leo-Triplett angesteuert. Hmmm, na ja, das hatte ich aber schon besser gesehen. Die Augengalaxien M65 und M66 sicher, aber die Mundgalaxie NGC 3628 nur sehr schwach. Ein Blick auf den Osthimmel - auweia, die Ursache ist schnell gefunden:

Im Gegensatz zum Westhimmel immer noch irgendwie dunstig. Heimlich scheint sich der Cirrostratus wieder anzuschleichen, Insgesamt erscheint der Himmel irgendwie leicht aufgehellt. Trotzdem ein Versuch auf die M105- Gruppe, die etwas weiter westlich im Löwen steht, hier finde ich etwas bessere Verhältnisse vor. Die nebeneinander stehenden Galaxien M105 mit dem schwächeren NGC3384 schnell erkannt, die Suche nach M96 und M95 dauert etwas länger.

 

Sooo, nach dem Erfolg mit den aufgefundenen Flusen zur Genussphase des Abends. Lang gefläzt in den Beobachtungsstuhl. Jupiter steht hinter der Spitze der gigantischen Birke, die Zwillinge dominieren den Südwesthimmel, Orion geht allmählich unter.

Der Westhimmel erscheint noch klar und kontrastreich, also - weiter geht’s. Den Dobson auf den Fuhrmann gerichtet, im schwenkenden Sucher erscheinen 3 Flecken - die schönen offenen Sternhaufen M36, 37, 38. Alle endlich wieder mal angesteuert, sehr schöne Objekte für einen 8" Dobson!

Darunter erstmals NGC 1893 aufgesucht, ein lockerer Sternhaufen, der durch zwei gebogene Sternketten gekennzeichnet ist, ansonsten aber durch den sternreichen Hintergrund im Fuhrmann nicht besonders auffällt. Der eingelagerte Nebel IC 410 war ohne Filter nicht zu erkennen.

Knapp über dem Dachfirst meines Nachbars versinkt der Orionnebel M42/43. Ein Blick durch das Okular- öhem, das hätte ich mir sparen sollen. Die Trapezsterne hüpfen in der Szintillation lustig hin und her und sind kaum zu fassen. Sicherlich  ist die noch immer "warme" Dachfläche des Nachbarhauses daran schuld. M42 hatte ich schon deutlich besser, immerhin erscheint wenigstens M43 prägnant und schön.

Jupiter hat die Spitze der Birke Richtung Westen verlassen, also ein Blick auf den Gasriesen. Schön detailliert erscheint der abgeplattete Klops im Okular. Wolkenbänder sind klar konturiert, allerdings hatte sich der rote Wirbelfleck gegen 20 Uhr schon verabschiedet. Alle Monde sind wie marschierende Soldaten exakt an der Ekliptik aufgereiht, 2 links, 2 rechts.

Links, 2,3,4. Links, 2,3,4. Augeeeen rechts! Im Exerzierschritt - marsch! Derzeit haben wir eine längere Phase, in der die Monde ekliptikal gleichgeschaltet sind und sich gegenseitig verdecken bzw. beschatten.

 

Na ja, ein okularloser Blick nach Süden, Jupiter überstrahlt M44 (Krippe), was mir nicht so recht gefällt. Die für mich im Frühjahr übliche, abwechselnde Betrachtung von M44 und dem Coma-Haufen leidet doch etwas darunter.

Schluss jetzt? Ja es ist spät genug. Aber schnell noch einen Blick auf den hellen, großen Kugelsternhaufen M3 oberhalb des im Nordosten erscheinenden Arktur. Dann gegen 23 Uhr den Dobson hoch transportiert in das südliche Beobachtungszimmer und angefangen, diesen Bericht zu schreiben.

 

mondfrei, zeitweise Eiswolken,
Seeing: 7

Datum

Ein kurzer Abend und eine sehr lange Kette

Bedingungen

18.03.2015

Ein vollkommen wolkenloser, milder Frühlingstag, im Gegensatz zu gestern keine störenden Eiswolken, fast bis zum Horizont erstreckt sich das durch die Rayleigh- Streuung hervorgerufene Blau des Himmels. Leider ist die Beobachtungszeit heute terminlich begrenzt, das Zeitfenster reicht nur bis 21:15 Uhr. Egal, die hervorragenden Sichtverhältnisse müssen ausgenutzt werden, und wenn nur reichlich eine Stunde Zeit ist.

Zunächst wieder ein wunderbarer Abendhimmel, an dem die Venus mit einer blendenden Helligkeit von -3,83 Magnituden regiert. Sie steht links unterhalb von den Widder- Sternen Sheratan und Hamal, die Abendstimmung halte ich westlich von unserer Ortschaft mit einer 6 Sekunden- Belichtung fest:

Venus im April 2015

Nach der Aufnahme folgt eine kurze Orientierung im Stellarium, ein kurzer Besuch des winterlichen Südhimmels ist geplant, dann als Höhepunkt das Auffinden von Kembles Kaskade.

Gegen 20 Uhr ist das Ende der Dämmerungsphase erreicht, der Dobson wird "quick and dirty" an einem suboptimalen Beobachtungsplatz aufgestellt - der Auffahrt zum Grundstück.

Hier habe ich zwar einen freien Blick auf den Südhimmel, aber auch mit einigen Handicaps zu kämpfen:

  1. nicht direkt einstrahlenden, aber doch indirekt die Straße erhellenden Straßenlampen
  2. in benachbarten Gärten mit Taschenlampen herumirrenden, leicht paranoiden Grundstücksbesitzern
  3. eher selten vorbeifahrenden Kfz, die sind aber noch das kleinste Problem.

Egal, immerhin hatte ich von hier aus schon den Rosettennebel im 20cm Spiegel erfasst, also Start mit bekannten Objekten. Zunächst wie gestern der offene Sternhaufen M41 unter Sirius, oh ja. Plastisch und dreidimensional steht er im Raum, er war ja gestern schon gut, aber heute deutlich besser - guter Einstieg.

Es geht zügig der Reihe nach, also folgt M42 mit M43 - kein Vergleich zu dem flimmernden Matsch von gestern! Fein strukturiert zeigt sich die gleichzeitig helle und dunkle Fledermaus. In prachtvollem Hellblau prangen die ruhig festgenagelten, freigestellten Trapezsterne. Je länger man den Emissionsnebel betrachtet, desto mehr Einzelheiten erscheinen, man kann sich einfach nicht satt sehen.

Ab jetzt läuft es holpriger, schon das Auffinden der ungleichen Geschwister M47 und M46 dauert ein paar Minuten, die mir auf Grund der begrenzten Zeit zu lange dauern. Aber dann doch schön. M47 gefällt mit großartiger Helligkeit, der deutlich schwächere M46 besticht mit gefühlt hunderten kleinen Lichtpünktchen.

Im Sternhaufen eingebettet lauert die Herausforderung in Form des planetarischen Nebels NGC 2438, den ich indirekt in Form eines nicht vollständig geschlossenen kleinen Rings erfasse. Konnte ihn allerdings nicht permanent halten.

 

Es folgt die Katastrophe des Abends - die Suche nach M93 im Achterdeck. Die oberen Sterne des südlichen Dunst-Sternbildes erscheinen erstaunlicherweise auch ohne Blick in den Sucher. Aber das übliche Prozedere, im Sucher Xi Puppis zu finden, danach etwas nach oben und nach rechts funktioniert nicht. Bin ich am falschen Stern? Es will einfach nicht klappen.

Schlussendlich die brutale Methode: von M47 senkrecht nach unten, nach einigem Hin- und Herschwenken steht das pfeilförmige Sternhäufchen, gepaart mit einer auffallenden Dreierkette schön im Okular. Aber eine Viertelstunde verplempert.

Weiter geht es mit dem Rosettennebel NGC 2237 und dem eingelagerten NGC 2244. Nach dem denkwürdigen 29. Januar 2011, als ich den diffusen Nebel erstmals ohne Filter im 20cm Spiegel sah, wieder ein Besuch. Die Ränder konnte heute ich nicht definieren, aber ein dunkler Bereich östlich vom eingelagerten Sternhaufen war wieder auffällig.

 

So, nach der Pflicht folgt die Kür: Die berühmte Kaskade von Kembles, die unglaublich lange Sternenschlange im nördlichen Sternbild Giraffe! Zu meiner Schmach stelle ich fest, dass ich nur ungefähr ihren Standort kenne, Vorbereitung ungenügend - Note 5, setzen.

Also am dunklen Laptop noch mal nachgesehen, aha, sehr einfach zu finden: In der exakten Verlängerung der oberen äußeren, hellen Sterne des Himmels - W namens Kassiopeia. Ok, mit dem Fernglas 12x50 gesucht und schnell gefunden - eine Sternenschlange am hohen Nordwesthimmel.

Jetzt aber mit dem Dobson, hier gestaltet sich das Auffinden mit dem Sucher etwas schwerer. Immerhin hat man ein langes 8“ Rohr mitzuschleppen. Aber nach kurzer Zeit habe ich die Sternenkaskade im Sucher und beginne sie im Okular genüsslich abzugrasen.

Vom Startpunkt rechts unten immer ein Stück nach links und oben, in der fast zu hohen 48fachen Vergrößerung folge ich begeistert der Kette. Und was für ein überraschender, krönender Abschluss:

Kembles Kaskade selbst gezeichnet

Ein kleiner, aber sehr auffälliger, kompakter Sternhaufen namens NGC 1502 am Ende der Sternenschlange! Sofort springt die Ähnlichkeit zum Sternbild Orion ins Auge, helle Gürtelsterne, Schultern und Beine des Himmelsjägers sind in verkleinerter Form problemlos zu assoziieren. Ein wunderbares Objekt für 8" Dobson- Besitzer, mit dem der kurze Beobachtungsabend endorphingefüllt und euphorisch endet!

mondfrei, wolkenlos,
Seeing: 8

 

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Bildquellen:

Wikipedia

Stellarium
Zeichnung

Standort: Fläming, 10 km nördlich von Lutherstadt Wittenberg